Einer spontanen Idee folgend, gestalteten wir unseren Fachwerkbausatz so um, daß er auch von Blinden und Sehbehinderten errichtet werden kann, stehen Ihnen doch nicht sehr viel Möglichkeiten offen, Ihre Umwelt zu erfassen, besonders wenn es um große Objekte geht.
Wir setzten uns mit dem Landesbildungszentrum für Blinde und Sehbehinderte "Hermann von Helmholtz" in Halle / Saale in Verbindung und erhielten
von der Schule einige grundlegende Prämissen, nach denen wir dann die Umgestaltung vornahmen.
Eine zentrale Bedeutung bekommen hierbei die Abbundzeichen der einzelnen
Hölzer, sie sind das wichtigste Hilfsmittel zur Verdeutlichung der Zugehörigkeit und zum Errichten des Fachwerk's. Dazu mußten sie so eingearbeitet werden, daß sie von den Schülern ertastet bzw. deutlich erkannt werden können. Dazu stellten wir drei Varianten vor, aus denen wir dann nach der Auswertung der ersten Erfahrungen zwei davon für die künftige Arbeit auswählten.
Im Rahmen der Projekttage machten sich die Schüler der Sekundarschule, natürlich
immer unter Anleitung und nötigenfalls Hilfestellung der Pädagogen, mit dem neuen Thema vertraut. Dazu gehörte auch ein Exkursionstag mit dem Besuchen von Fachwerkhäusern in
der Umgebung des Schulstandortes. An einem zuvor fertig aufgebauten Modell konnten sich die Schüler orientieren und einen Eindruck vom Größenverhältnis, dem Aufbau und der Form der Hölzer verschaffen.
Die Mediengestalterin der Schule hatte einige Tiefziehfolien für den Unterricht vorbereitet, so daß die Schülerinnen und Schüler auch auf Ihnen bekannte Materialien zurückreifen konnten.
Nachdem sich die Schüler mit Hilfe der Pädagogen einen Überblick über Sinn und Zweck der
Abbundzeichen (Pdf-19kb) verschafft hatten und alles ordentlich sortiert worden war, konnte es losgehen.
Die Kinder waren eifrig bei der Sache, das Unterrichtsklima war im wahrsten Sinne des Worte "konstruktiv". Anfängliche Berührungsängste wurden schnell
überwunden, denn der Bausatz bietet genügend Möglichkeiten zum spielerischen Probieren; das Eichenholz hält Einiges aus,
auch ein oftmaliges Zusammen- und Auseinanderbauen. Freude an der "Arbeit" und der Stolz, es dann geschafft zu haben, war Ihnen anzusehen. Alle Schüler schafften es, (je zwei Schüler an einem Bausatz),
ihn zusammenzubauen und entgegen unseren Befürchtungen in nur unwesentlich längerer Zeit als nichtbehinderte Schüler. (und der Jüngste -12 Jahre alt- war zuerst fertig) Am Ende des Unterrichts wurde ein kleiner Fragebogen ausgefüllt, in dem sie eine Einschätzung aus Schülersicht vornahmen.
Beispiel einer Schülereinschätzung-(Pdf-215kb)
Kleines Resüme'
Die Zusammensetzung der Klasse war vom Grad der Sehbehinderung her sehr unterschiedlich und die Schüler benötigten demzufolge auch unterschiedlich intensive Hilfestellung. Wichtig für den Erfolg ist die Beschäftigung mit den erhaben eingearbeiteten Abbundzeichen. Für die erste Lehrereinschätzung-(Pdf-19kb) der verantwortlichen Pädagogin Frau Winzer zur Unterrichtstauglichkeit des Bausatzes für sehbehinderte und blinde Schüler bedanken wir uns und auch bei allen anderen Pädagogen und Mitarbeitern des Landesbildungszentrum, die uns unterstützt haben.
Nachdem etwas Zeit zum Nachdenken vergangen war, kontaktierte ich die Schulleiterin Frau Busch. Ihre erste (spaßige) Anmerkung war: "Herr Rohnstein, Sie haben mir meine Schüler abspenstig gemacht; die wollen jetzt nur noch bauen". Ich bitte um Entschuldigung, freue mich aber trotzdem.
Jetzt müssen noch die zugehörigen Unterlagen blindengerecht aufgearbeitet werden. Dazu sind wir natürlich auf Fachleute, die im Umgang mit Blinden und Sehbehinderten vertraut sind, angewiesen. Über weitere Interessenten zur Zusammenarbeit würden wir uns freuen.